Heike Krüger und Dr. Michael Meetz sprechen über ihr gemeinsames Projekt
Sie haben in den vergangenen drei Jahren sehr viele und sehr unterschiedliche Betriebe besucht und beraten. Wie war die Ausgangslage? Sind die Unternehmen des Metallhandwerks gut aufgestellt beim Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz?
Heike Krüger: Die Unternehmen wissen schon, dass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sehr wichtig sind. Oftmals hapert es aber an der Umsetzung. In den kleineren Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten gibt es häufig noch eine familiäre Struktur – man kennt sich dort untereinander gut und achtet auch aufeinander. Aber die Menge an Gesetzen und Verordnungen verunsichert oft und die Unternehmerinnen und Unternehmer sind häufig im Tagesgeschäft stark eingespannt. Diese Betriebe brauchen vor allem Unterstützung dabei, einen Überblick über die komplexe Thematik zu bekommen und Unterstützung bei der Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes.
Dr. Michael Meetz: Größeren Betrieben fällt es leichter, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz systematisch anzugehen. Da gibt es eher Probleme in der Kommunikation untereinander, besonders, wenn es mehrere Hierarchieebenen gibt. Bei vielen Projektteilnehmern gab es beispielsweise Schwierigkeiten an den Schnittstellen im Betrieb, etwa zwischen Konstruktion und Fertigung.
Welche Ziele haben Sie mit dem Projekt „Metall gesund“ verfolgt und wie sind Sie konkret vorgegangen?
Dr. Michael Meetz: Am wichtigsten war für uns die Unterstützung bei der Unternehmenskultur hinsichtlich einer gesunden und sicheren Arbeit. Arbeitsschutz soll nicht als „zusätzliches Thema“ verstanden werden, sondern muss in den gesamten Unternehmensprozess integriert werden. Es kommt darauf an, nicht nur zu reagieren, wenn etwa ein Unfall passiert ist, sondern planvoll und vorbeugend zu handeln.
Heike Krüger: Wir haben bei unserem ersten Besuch im Unternehmen zunächst eine Bestandsaufnahme des betrieblichen Arbeitsschutzes vorgenommen, indem wir mit allen Verantwortlichen gesprochen haben und eine Betriebsbegehung durchgeführt haben. Ein weiterer Bestandteil war eine anonyme schriftliche Mitarbeiterbefragung zu den bestehenden Belastungen im Unternehmen sowie die Erarbeitung von Verbesserungsempfehlungen mit den Beschäftigten. Die Ergebnisse aus der Bestandsaufnahme und Verbesserungsempfehlungen haben wir beim zweiten Inhouse-Workshop vorgestellt. Gemeinsam wurden daraus konkrete Maßnahmen für den jeweiligen Betrieb entwickelt. Beim dritten Termin wurden diese überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Wie war die Resonanz bei den Projektteilnehmern?
Heike Krüger: Außerordentlich positiv! Uns haben sehr viele Beteiligte bestätigt, dass sie die Unterstützung als sehr hilfreich empfunden haben. Positive Rückmeldungen kamen nicht nur von den Unternehmensleitungen, sondern auch von den Beschäftigten, die sich sehr wertgeschätzt gefühlt haben, weil ihre Meinungen in die Verbesserungsempfehlungen eingeflossen sind. Die hohe Motivation der Beschäftigten zeigt sich auch in der hohen Beteiligung an den schriftlichen Mitarbeiterbefragungen. 73 Prozent der Beschäftigten haben ihren Fragebogen abgegeben. Eminent war auch das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Ideenworkshops.
Dr. Michael Meetz: Alle Betriebe, ohne Ausnahme, haben mit großem Engagement mitgearbeitet. Das gilt sowohl für die Chefs und Führungskräfte als auch für die Beschäftigten. Die außerordentlich hohe Motivation der Führungskräfte für unser Thema gesunde und sichere Arbeit zeigte sich dadurch, dass wir in jedem Betrieb unser komplettes Programm durchgehen konnten, auch wenn die Betriebsbesuche vor Ort oder die Videoschaltungen manchmal länger dauerten als geplant.
In welchen Bereichen gab es Probleme beim Gesundheitsschutz in den Betrieben und welche Verbesserungen konnten Sie erreichen?
Heike Krüger: Die größten gesundheitlichen Belastungen für die Beschäftigten entstehen durch den Lärm in den Werkshallen, bei der Absaugung der Schweißrauche und die schwere körperliche Arbeit. Hier konnten wir mit viel fachlicher Information, zum Beispiel bei einem Fachtag über zeitgemäße Technik zur Schweißrauchabsaugung und individuellen Lösungsvorschlägen zu Tragehilfen oder Neuanordnung von Arbeitsplätzen Verbesserungen auf den Weg bringen.
Dr. Michael Meetz: Ein großes Problem ist in vielen Betrieben, dass Schutzausrüstung, wie beispielsweise Gehörschutz oder Tragehilfen zwar vorhanden sind, diese aber nicht konsequent von den Beschäftigten genutzt werden. Unser Vorgehen, die Beschäftigten bei der Entwicklung von Verbesserungen einzubeziehen, hat bewirkt, dass diese problembewusster wurden und von sich aus Vorschläge gemacht haben. Oft kann ja auch durch kleine Maßnahmen etwas verbessert werden.
Sie erwähnten, dass es in den Betrieben auch Kommunikationsprobleme gab. Wie sind Sie diese Thematik angegangen?
Dr. Michael Meetz
Unsere Mitarbeiterbefragungen haben gezeigt, dass sich die Beschäftigten oft schlecht informiert und zu wenig wertgeschätzt fühlen. Unsere Arbeitsweise, alle Hierarchieebenen zu Wort kommen zu lassen, hat sicher dazu beigetragen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das wurde uns auch vielfach bestätigt.
Heike Krüger:
Viele Unternehmer waren überrascht von der Kreativität ihrer Beschäftigten, die in unseren Ideen-Workshops oft sehr pragmatische Lösungen für Probleme im Betrieb vorgeschlagen haben. Das hat ganz praktisch gezeigt, was wir vermitteln wollten: Miteinander reden ist sinnvoll!
Ein Projektziel war es, das Betriebliche Gesundheitsmanagement in den Unternehmen zu verankern. Ist das gelungen?
Heike Krüger: Wir haben die Auswirkungen unserer Projektarbeit beim dritten Termin in den Betrieben geprüft und sind dabei auf sehr beeindruckende Ergebnisse gestoßen. Zum einen wurden völlig neue Maßnahmen in den Betrieben initiiert, zum anderen hat unser Projekt bewirkt, dass ohnehin beabsichtigte Neuerungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beschleunigt worden sind. Damit die Unternehmen das Betriebliche Gesundheitsmanagement systematisch in ihre Prozesse einbauen, haben wir als Hilfestellung eine Liste mit Aufgabenfeldern für die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes entwickelt. Anhand dieser Liste können die Betriebe ihre eigenen Präferenzen und einen Zeitplan für den Aufbau der Arbeitsschutzorganisation festlegen.
Dr. Michael Meetz: Eine weitere Hilfestellung bestand darin, dass die Unternehmen das Online-Arbeitsschutzportal von BASIKNET kennengelernt haben, um die notwendige Dokumentation des betrieblichen Arbeitsschutzes einfacher und zeitsparender durchführen zu können. Viele Beteiligte haben uns berichtet, dass sie sich durch die Teilnahme am Projekt viel sicherer im Umgang mit dem Thema fühlen. Wir konnten sie davon überzeugen, dass es wichtig ist, nicht nur das Pflichtprogramm des betrieblichen Arbeitsschutzes zu erfüllen.
Welche Tipps würden Sie nach den Erfahrungen aus drei Jahren „Metall gesund“ allen Unternehmen des Metallhandwerks geben?
Heike Krüger: Viele Unternehmer fühlen sich sicher, weil sie einen externen Arbeitsschutzexperten engagiert haben. Leider mussten wir feststellen, dass es sich in manchen Fällen nur um eine vermeintliche Sicherheit handelt. Verantwortlich für den Arbeitsschutz im Betrieb bleiben die Unternehmerinnen und Unternehmer. Sie sollten also wissen, was getan werden muss. Und sie sollten darauf achten, dass der Arbeitsschutz auch außerhalb des Betriebsgeländes, etwa auf Baustellen und bei Montagearbeiten gesichert sein muss.
Dr. Michael Meetz: Außerdem wissen immer noch zu viele Unternehmen nichts von der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, die seit 2014 für alle Betriebe unabhängig von ihrer Beschäftigtenanzahl verpflichtend ist. Hier rate ich dringend dazu, sich zu informieren oder sich beraten zu lassen. Das Vorhandensein dieser Gefährdungsbeurteilung wird zunehmend von Berufsgenossenschaften und Unfallkassen kontrolliert.
Heike Krüger: Unser Tipp an die Unternehmerinnen und Unternehmer lautet: Beteiligen Sie Ihre Beschäftigten an Fragen zu Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz. Kontrollieren Sie immer wieder, ob die zur Verfügung gestellte Persönliche Schutzausrüstung auch eingesetzt wird. Und seien Sie ein Vorbild. Der Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen unterstützt Sie dabei auch in Zukunft!